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Durch Corona hat die Digitalisierung weltweit eine weitere Beschleunigung erfahren – im beruflichen, aber auch im privaten Bereich. Wie wir zusammen arbeiten, wie wir kommunizieren, wie wir Urlaube planen, uns ernähren oder jemanden kennen lernen: dies alles wird von digitalen Angeboten beeinflusst – und täglich werden es mehr. Gerade jetzt besteht die Chance, mit neuen Angeboten Marktnischen zu finden.

Wie machen es die erfolgreichen Start-ups?

Doch wie kommt man auf die „zündende“ Idee? Dazu gibt es eine interessante Studie, bei der die 50 wertvollsten Digital-Start-ups aus den USA und Europa untersucht wurden. Die untersuchten Unternehmen waren im Schnitt 9,2 Jahre alt und 5,2 Milliarden US-Dollar wert. In der Studie wurde untersucht, woher die entscheidenden Impulse für ihre Ideen kamen und was andere Unternehmen von ihnen lernen können.Im ersten Schritt der Studie wurden sechs verschiedene Kriterien heraus gearbeitet, wie Ideen generell entstehen. Im zweiten Schritt wurden die Gründer und deren Weggefährten befragt, wie sie konkret auf ihre Geschäftsideen gekommen sind.

Und hier die Ergebnisse:

  1. Imitation: Fremdes kopieren.

14 Prozent der untersuchten Unternehmen haben Ideen kopiert, von einem Land zum anderen oder von einer Technologieplattform auf die andere. Die Strategie des Imitierens ist aber nicht ohne Risiko. Modelle, deren Erfolg von aggressivem Wachstum abhängt, können schnell an ihre Grenzen stoßen. Dennoch kann es für angehende Gründer inspirierend sein, sich mit fremden Geschäftsmodellen auseinanderzusetzen. So wie ein Schriftsteller in der Regel viel liest, interessiert sich der typische Start-up-Unternehmer für die Ideen anderer. In der digitalen Welt ist es auch einfacher, das globale Innovationsgeschehen zu beobachten. Über Datenbanken wie AngelList oder Crunchbase kann jeder auf die neuesten Geschäftsideen aus unterschiedlichen Branchen zugreifen. Selbst wer nicht darauf aus ist zu imitieren, kann so vielleicht den einen oder anderen Impuls erhalten.

  1. Prognose: Zukunft vorhersehen.

Lediglich 6 Prozent der erfolgreichen Start-ups stützten sich auf Prognosen, um ihre Idee zu finden. Während gescheiterte Gründer vergleichsweise oft den Blick in die Kristallkugel wagen (12 Prozent waren es in dieser Gruppe), beziehen die erfolgreichen Digitalunternehmer ihre Ideen aus dem Hier und Jetzt. Dabei sehen sie nicht unbedingt Dinge, die andere nicht sehen würden. Vielmehr tun sie Dinge, die andere nicht tun – und lernen daraus. Die hohe Geschwindigkeit, mit der digitale Technologien Branchen verändern, verunsichert viele etablierte Unternehmen. Prognosen sind in dieser Situation attraktiv, versprechen sie doch, die Ungewissheit ein wenig einzudämmen. Doch darauf aufbauende Methoden wie beispielsweise die Szenariotechnik bringen nur selten bahnbrechende Innovationen hervor. Der Grund: Wer einem vermeintlichen Trend hinterherjagt, macht vermutlich dasselbe wie ganz viele andere auch. Von den Erfolgreichen können wir stattdessen lernen, dass spielerisches Ausprobieren mehr bringt. Zukunft wird von digitalen Innovatoren eher produziert als prognostiziert.

  1. Analogie: Erfolgreiches übertragen.

Nur 2 Prozent der erfolgreichen Unternehmen gingen so vor. Tatsächlich ist das Risiko groß, nur einem Modetrend zu folgen, wenn man ein erfolgreiches Prinzip von einem Sektor auf den anderen übertragen will. Wer mit Analogien eine Geschäftsidee sucht, reduziert ein bestehendes Erfolgsmodell auf sein Grundprinzip, um es dann an die besondere Situation eines anderen Geschäftsfelds anzupassen. Im Unterschied zur Imitation erfordert analoges Denken also Abstraktion und eine größere gestalterische Eigenleistung. Das ist ein guter Anfang, doch die Risiken der Analogiebildung sind erheblich. Die Alarmlampe sollte spätestens dann angehen, wenn trendige Schlagworte wie Social Community, Plattform-Business, Sharing Economy oder Big Data die Ideensuche steuern.

  1. Bedarf: Problem lösen.

Für 50 Prozent der Unternehmen gab ein klar identifizierter Bedarf den entscheidenden Impuls. Und davon handelte es sich in knapp zwei Drittel der Fälle um einen Bedarf, den der Gründer persönlich hatte. Ein konkretes Ärgernis, ein sehnlicher Wunsch oder ein ungelöstes Problem sind also mit Abstand die wichtigsten Quellen erfolgreicher Geschäftsideen. Etablierte Unternehmen haben meist gute Voraussetzungen, um bahnbrechende Ideen zu finden. Über den Kontakt zu Kunden erhalten sie ständig Informationen über relevante Bedarfe. Gerade im B2B-Bereich dürfte es noch ein großes Potenzial für digitale Geschäftsideen geben. Unternehmen sollten jeden einzelnen Schritt des Kunden nachvollziehen, um ein Produkt so einfach und angenehm wie möglich erscheinen zu lassen.

  1. Ressource: Vorhandenes nutzen.

Bei 18 Prozent der untersuchten Unternehmen bildeten Ressourcen den Ausgangspunkt der Geschäftsidee. Ideen entstehen auch, wenn eigene oder fremde Ressourcen darauf abgeklopft werden, wie sie sich in ein Geschäft umwandeln lassen. Dabei kann es sich um Technologien, Kompetenzen, ästhetische Schöpfungen, Netzwerke, ungenutzte Kapazitäten, Daten oder auch Rechte handeln. Ressourcen sind für etablierte Unternehmen eine noch wichtigere Ideenquelle als für Start-ups. Man denke an die vielen internen Problemlösungen, die jede Organisation im eigenen Haus entwickelt hat und die sich womöglich extern vermarkten lassen. Ein interner Ressourcencheck birgt Chancen für digitale Innovationen.

  1. Kreation: Eingebung umsetzen.

Bei 10 Prozent der analysierten Start-ups wurden Hinweise darauf gefunden. Es gibt sie, die schöpferischen Momente, aber selten. Kreativität gilt gemeinhin als etwas Gutes, vielen sogar als der Heilige Gral in der Entwicklung von Geschäftsideen. Doch mit der Kreativität ist das so eine Sache. Von einer rein kreativen Schöpfung sprechen wir, wenn sie sich nicht aus der Analyse der Umwelt ableitet, sondern gleichsam aus dem Nichts erschaffen wurde. Doch was ist mit der Arbeitsumgebung? Allerorten richten Unternehmen heute Kreativräume ein. Sie nennen sie beispielsweise Digitallabor oder Coworking-Space. Tatsächlich ist es wichtig, Arbeitsroutinen zu unterbrechen und sich von den Selbstverständlichkeiten der eigenen Branche freizumachen, wenn man etwas grundlegend Neues erschaffen will. Wer jedoch allein auf die Karte Kreativität setzt, läuft Gefahr, bei der Suche nach Innovationen den Kontakt zur Umwelt zu verlieren. Die Ideen sind dann originell, aber nicht marktgängig. Deshalb braucht es weitere Impulse, die sich zum Beispiel aus Kundenfeedback, einer Analyse aufstrebender Start-ups oder einer Bestandsaufnahme der eigenen Ressourcen ergeben.

Fazit

Wer die enormen Chancen digitaler Technologien nutzen will, braucht Ideen. Bei den erfolgreichsten Digital-Start-ups der Welt waren diese meist recht einfach gestrickt, das wurde in der Untersuchung immer wieder deutlich. Solche Innovationen können auf ganz unterschiedliche Art und Weise entstehen. Stets ist die Komponente des Ausprobierens wesentlich. Es reicht nicht, wenn sich Managementteams in einer entlegenen Kreativwerkstatt einschließen und die Welt der Kunden draußen vor der Tür lassen. Das bekannte Start-up-Motto „Get out of the Building“ gilt auch für etablierte Unternehmen. Zeitgemäße Formate für die Ideenentwicklung nutzen auch digitale Kanäle wie Blogs, soziale Medien oder Crowdsourcing-Plattformen.

Aus meiner Sicht sind diese Ansätze auch „im kleinen“ anwendbar, also z. B. auf Abteilungsebene. Der Coach Ihres Vertrauens unterstützt Sie gerne dabei.

 

Quelle: Alexander Nicolai, Regina Wallner: Harvard Business Manager, 2019